Nach der Übernahme von VMware durch Broadcom hat der neue Eigentümer das Portfolio extrem ausgedünnt und verkauft die Produkte über Bundles primär an große Firmen. KMU benötigen häufig aber nur vSphere. Davon gibt es nur noch wenige Editionen, wobei die Abo-basierte Lizenzierung pro Core häufig gegen das Essentials Plus Kit spricht.
Mit der Erweiterung der ursprünglichen x86-Virtualisierung um Produkte für Software-defined Networking (NSX), hyperkonvergente Infrastrukturen (vSAN) und um eine Container-Infrastruktur hat sich VMware vor allem als Software-Lieferant für das Enterprise positioniert. Dennoch gab es daneben eine Reihe von Angeboten für kleinere Umgebungen.
Broadcom konzentriert sich mit seiner Neuausrichtung von VMware weitgehend auf Großkunden. Diese sollen nach Möglichkeit den gesamten VMware-Stack in ihren Rechenzentren einsetzen, der in VMware Cloud Foundation enthalten ist. Nutzer der bisherigen Edition vSphere Enterprise Plus können alternativ auf vSphere Foundation wechseln.
Diese enthält eine Reihe von Features, die auch in kleineren Umgebungen willkommen wären, etwa die Verschlüsselung von VMs oder Distributed Resource Scheduler (DRS). Insgesamt umfasst diese Edition jedoch zahlreiche Komponenten, die kleinere und mittlere Unternehmen kaum benötigen und für die ein erheblicher Aufpreis zu berappen ist (siehe dazu den Vergleich der Editionen).
Ausdünnung im unteren Segment
Für diesen Markt gab es in der Vergangenheit eine Reihe von Optionen. Für einzelne Hosts ließ sich der kostenlose vSphere Hypervisor nutzen, darüber hinaus existierten mit Essentials und Essentials Plus zwei Editionen für kleinere Unternehmen. Hinzu kamen drei ROBO-Editionen, die primär für Außenstellen gedacht waren und über die Zahl der VMs lizenziert wurden.
Durch die Aufgabe von ESXi Free und vSphere Essentials fallen kleine Umgebungen, die eine günstige Lösung nur für die Basisfunktionen benötigen, durch den Rost von Broadcom. KMUs spricht der Hersteller gezielt nur noch mit dem Essentials Plus Kit an.
Standard Edition versus Essentials Plus Kit
Für mittelständische Unternehmen kommt aber auch noch die Standard Edition in Betracht. Sie bietet deutlich mehr Funktionen und enthält vCenter Standard, das bis zu 4000 Hosts verwalten kann. Demgegenüber lässt sich vCenter Essentials nur mit dem Essentials Plus Kit verwenden.
Zu den wesentlichen Vorteilen der Standard Edition zählen vor allem die Funktionen für die Automatisierung des Managements, darunter der mit vSphere 7 eingeführte vSphere Lifecycle Manager inklusive Update Planner sowie Server Profiles. Hinzu kommen fundamentale Features wie die Unterstützung für TPM 2.0 oder die Virtualization based Security in Windows-Gästen.
Lizenzierung
Eine der ersten Maßnahmen von Broadcom war bekanntlich, permanente Lizenzen ("Perpetual Licenses") abzuschaffen und völlig auf Abonnements umzustellen. Kunden mit bestehenden Support-Verträgen haben eine Übergangsfrist bis zur fälligen Erneuerung, wobei Broadcom auch Optionen für den vorzeitigen Umtausch bietet.
Kürzlich kündigte der Hersteller zudem an, dass Kunden nach Ablauf des Support-Vertrags die kritischen Security-Patches kostenlos erhalten werden. Sie können dadurch die jeweilige Version von vSphere ohne Risiken nutzen, bis deren Lebenszyklus endet.
Grundsätzlich müssen aber alle Kunden davon ausgehen, dass sich die Kosten für den Einsatz der VMware-Produkte erhöhen. Ein durchgängiger Vergleich mit der bisherigen Bepreisung ist schwer möglich, weil die Abrechnung jetzt ausschließlich pro Core und nicht mehr pro CPU erfolgt. Daher hängen die Kosten stark von den jeweiligen Umgebungen ab.
Kostenvergleich alt versus neu
Als Anhaltspunkt kann man verschiedene Angebote nach dem alten Lizenzmodell nehmen, die noch im Web existieren. So kostete die Standard Edition über Lenovo mit einem Jahr Support 801,10 Euro pro CPU (brutto), wobei diese auf 32 Kerne beschränkt war.
Nach dem neuen Modell berechnet VMware laut Software Express pro Kern 76,62 Euro brutto, so dass für einen Host mit einer 32-Core-CPU bereits 2451,84 Euro fällig würden (Preise ebenfalls mit einem Jahr Support). Bei einem SnS-Vertrag über fünf Jahre ist das Verhältnis bei dieser Konfiguration 1.935,88 Euro zu 8.769,92 Euro.
Diese Zahlen geben nur eine grobe Orientierung anhand einer fiktiven Umgebung, so dass man daraus nicht direkt auf die Kostensteigerung für das eigene Unternehmen schließen kann.
Überzahlung durch Lizenzierung pro Core
Ein Grund dafür ist, dass die Lizenzierung per CPU-Core zusätzliche Fallstricke enthält. So müssen pro Prozessor mindestens 16 Kerne lizenziert werden, auch wenn dieser tatsächlich weniger hat. Bei Windows Server gibt es eine ähnliche Bedingung, aber bei Microsoft müssen mindestens 16 Kerne pro Server und nicht pro Prozessor lizenziert werden.
Die Gefahr der Überbuchung ist besonders beim Essentials Plus Kit gegeben. Hier erwirbt man grundsätzlich eine Lizenz für 96 Cores, die auf maximal drei ESXi-Hosts verteilt werden darf. Die Kosten dafür liegen bei 5.253,73 Euro für ein Jahr, bei 11.032,25 Euro für drei und bei 18.367,65 Euro für fünf Jahre (alle Preise inklusive Mehrwertsteuer).
Standard Edition oft günstiger als Essentials Plus Kit
Viele kleinere Umgebungen schöpfen eine solche Lizenz jedoch nicht aus, wenn sie beispielsweise drei Hosts mit je einer CPU einsetzen, die 16 Cores hat. Eine solche Konfiguration verfügt insgesamt über 48 Kerne.
Wie man leicht nachrechnen kann, käme in diesem Fall die Standard Edition günstiger, wobei man dort auch noch mehr Features erhält. Auf Basis der oben zitierten Preise fielen dafür 3.677,76 Euro bei einem Abo über ein Jahr an, bei fünf Jahren wären es 13.154,88 Euro.
Hier die Beispielrechnung für drei Hosts mit je einer 16 Core-CPU in der Übersicht (48 CPU-Kerne):
| 1 Jahr | 3 Jahre | 5Jahre | |
|---|---|---|---|
| Essentials Plus Kit | 5.253,73 € | 11.032,25 € | 18.367,65 € |
| Standard Edition | 3.677,76 € | 6.632,64 € | 13.154,88 € |
Angesichts dieser Zahlen ist es wichtig, die aktuelle und geplante Ausstattung der eigenen Umgebung für die Kalkulation heranzuziehen. Auf dieser Basis kann man dann auch eine Entscheidung zwischen den Editionen treffen.
Zusammenfassung
Die Konsolidierung des Produktportfolios und die Umstellung der Lizenzierung auf Core-basierte Abonnements hat erhebliche Auswirkungen auf alle VMware-Kunden. Unabhängig von deren Größe müssen sie mit erheblichen Mehrkosten rechnen.
Nachdem sich der neue Eigentümer vor allem auf den Enterprise-Markt konzentriert, fallen die Angebote für Kleinunternehmen ersatzlos weg. Das betrifft die Essentials Edition sowie den vSphere Hypervisor.
Eine Ebene darüber bietet Broadcom zwar noch das vSphere Essentials Plus Kit an, das jedoch aufgrund seiner starren Lizenzierung für 96 Cores in einigen Umgebungen teurer kommt als die Standard Edition.
